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Warum #NieMehrCDU? – Anmerkungen zum Protest gegen die Urheberrechtsreform

Ich bin ja gegen eine Polemisierung dieser Debatte, finde wir sollten weniger Schlagworte und mehr Argumente austauschen und auch keinen Hype draus machen.

An Argumenten und wirklichen Diskussionen hat es mir hier sehr gefehlt, beide Seiten haben nicht anständige Rhetorik verwendet. Wenn man dafür ist, dann Lobbyist, der nichts vom Internet versteht, wenn dagegen, von Google bezahlt.

Eine Sache, die eigentlich wenig populistisch ist, einfach mal Konsequenzen zu ziehen. Man muss ja nicht radikaler Gegner der Reform sein, um zu sehen, dass es vielleicht nicht so gut ist, wenn solche Menschen so viel Macht in Deutschland und Europa haben.

Kritik an der CDU

CDU-Wahlplakat von 1949 - KAS/ACDP | CC BY-SA
CDU-Wahlplakat von 1949 – KAS/ACDP | CC BY-SA

Eigentlich alles, was in den letzten 20, 30, 40 Jahren, quasi seit Gründung der CDU (~1945) in Deutschland schief gelaufen ist, geht auf deren Kappe. Ich möchte jetzt nichts über den Einfluss der CDU auf die deutsche Geschichte sagen, er war ja offensichtlich nicht nur schlecht. Die CDU hat uns dorthin geführt, wo wir jetzt sind. Uns geht es wirtschaftlich sehr gut, das ist sicher der Verdienst der CDU, aber, nun ja, alles läuft ja in Deutschland auch nicht rund. Vor Allem in den letzten 20 Jahren macht die CDU nicht (mehr) wirklich Politik für die Bürger, sondern für die Wirtschaft („Club Deutscher Unternehmer“ [1]). Ihr haben wir die unzertrennlichen Verpflechtungen von Politik und Wirtschaft zu verdanken. CDU bedeutet Wirtschaft, Wirtschaft bedeutet Wohlstand, aber auch Ausbeutung und Lobbyismus. Ach, und natürlich das ganze konservative Gedöhns.

Warum werden die eigentlich gewählt?

Ich würde mal sagen, zu politischen Kräften (Parteien sowohl als auch Einzelpersonen) gehören immer zwei Dinge. Das eine ist die Einstellung, die politische Meinung die vertreten wird, und das andere die Fähigkeit, dies auch durchzusetzen. Man darf bei der Entscheidung, welche Strömungen man unterstützt nicht nur auf die Aussagen und Bekundungen der Politiker hören (manche machen sich schon allein dadurch unwählbar), sondern auch darauf, was für eine Politik nun in Regierungen, Ministerien, Parlamenten gemacht wird.

Ich würde mal die Aussage wagen, wer CDU wählt, interessiert sich eher nicht so für Politik. (Hoffentlich fühlt sich jetzt kein CDU-Wähler angegriffen. Naja, Unwissenheit ist ja nichts Schlechtes, solange man sich belehren lässt 🙂 /s)
Wenn man von großen Debatten immer nur ein bischen mitbekommt und sich dann vor einer Wahl kurz die Wahlplakate anguckt, hat man eben nicht unbedingt ne Ahnung, wer am Besten für unser Land (oder unseren Kontinent) ist.

Viele Leute werden bei der Europawahl vor folgenden Plakaten stehen:

Dafür stehen wir! - Armin Linnartz | CC BY-SA / Eigenes Werk | CC0
Dafür stehen wir! – Armin Linnartz | CC BY-SA / Eigenes Werk | CC0

Was ist den das Europaprogramm der CDU? Kann mir das mal jemand sagen? Nun, es trägt den Titel: „Unser Europa macht stark. Für Sicherheit, Frieden und Wohlstand“. Aha. (Nebenbei: Das erste Suchergebniss war ein Link zu dem Programm zur letzten Europawahl 2014 auf cdu.de)

Das von der SPD: „Kommt zusammen und macht Europa stark!
Hieran sieht man nicht nur, dass es einfach ist, etwas zu versprechen, sondern auch die Profillosigkeit der Altparteien. Einzig zur AfD und Linken habe ich nur sehr bestimmte Plakate gefunden, die haben ja auch einen klaren bekannten Kurs. Zu den Linken kann jeder sagen, was er will, aber man weiß, was man bekommt. Bei der AfD auch, aber nich unbedingt. Die sind schon mehr populistisch.

So, jetzt bin ich ein Bischen vom Thema abgekommen, aber ich wollte einfach mal zeigen, dass es genug Gründe gibt zu schreien.

„Warum fängt es grad plötzlich an, so stark zu hageln?“

Dieses netzpolitische Vergehen der CDU hat in Hauptstrom [2]-YouTube massive Aufmerksamkeit erlangt. Warum, kann ich auch nicht so ganz genau sagen.

Die CDU scheißt nicht erst seit gestern auf Freiheiten, Innovationen und gesunden Menschenverstand. In Bezug auf Internet sieht es nicht gut aus (Handelsabkommen ACTA, Stasi 2.0: Vorratsdatenspeicherung, Informationsfreiheit, Überwachung, IT-Sicherheitsgesetz (Darknet-Verbot, Hackerparagraph), …).

Das hat nicht unbedingt etwas mit Konservatismus zu tun, die AfD ist zum Beispiel auch gegen die Urheberrechtsreform. Wobei die AfD eigentlich gar nicht mal so konservativ ist. Sie wollen ja keinen Zustand bewahren, sondern einen vergangenen Zustand wiederherholen, wohingegen die CDU mit dem jetztigen glaub ich recht zufrieden ist. Außerdem ist die AfD gegen Zensur, (zumindest wenn sie von den Altparteien ausgeht 🙂 weil die Rechten ja auch des Öfteren selbst davon betroffen sind. Naja.

Es gibt hier einen Generationenkonflikt. Aber gar nicht mal so dolle. Es gibt auch viele ältere Menschen, die ein freies Internet genießen. (Immer witzig, wenn in Foren Leute, die in ihrem Profil als Beruf Rentner stehen haben, sehr jungen, offenbar sehr verblödeten Menschen das Internet erklären. Das sind dann die, die sich noch mit dem dahinter auseinandersetzen und die Entstehung des Internets selbst miterlebt haben. Richard Stallman (Gründer der Free-Software-Bewegung), Tim Berners-Lee (Begründer des WWW) oder Jimmy Wales (Gründer von Wikipedia) sind auch schon in den 60er bzw. 50ern)

Es ist ein Konflikt zwischen neu und alt. Zwischen Innovation und verstaubten Brüssel. Und zwar Brüssel (Sitz des Rates und der Kommission), und nicht Straßburg (Sitz des Parlamentes), denn dort findet immer noch zu viel EU-Politik statt. (Wir müssen die EU demokratisieren!)

Außerdem hat man es hier nicht nur inhaltlich verkackt, sondern auch das, was man „handwerklich“ nennt. Der Gesetzestext enthält nicht nur Umstrittenes, er ist auch einfach schwammig formuliert. Und was hier eigentlich das Totalversagen war, war der Umgang mit den Kritikern. Also bei manchen Sachen hat es mir echt die Sprache verschlagen.

Der Protest

Warum es gerade bei diesem Gesetz so extreme Aufruhr gegeben hat, hängt zum einen mit der gekonnten Panikmache der YouTube-Cheffin zusammen, die die ersten Untergangsvideos erzeugte; das erste war glaub ich „Warum es Youtube nächstes Jahr nicht mehr gibt“ von Wissenswert, darauf folgten andere von fast allen YouTubern, die was auf sich hielten.

Ich hab mir grad noch mal ein paar Videos angekuckt, und es tut richtig weh, was da erzählt wird. Es ist ist oftmals nicht nur falsch dargestellt, sondern teilweise auch einfach richtig falsch. Ich leide für die Klicks, die ich diesen Videos für meine Recherge dalassen musste. (Übrigens habe ich nach den der ganzen Apokylpse mein YouTube-Verhalten ein wenig geändert.)

.„Leute, mit diesem Artikel 13 werden meine Vlogs für immer zuende sein!“

„…dann wird Instagram verboten werden, dann Twitter.“

„Unser alltägliches Leben wird einfach total ge****!“

„Sogar die Cheffin von YouTube wante sich in einem Bradbrief an uns Alle“

Ja toll, natürlich ist YouTube dagegen, wenn denen irgendwelche Richtlinien auerlegt werden sollen.

„YouTube 2018 wird, sollte es soweit kommen (kam es ja – Anm.) tot sein.“

(Quellenanagen hab ich jetzt mal bewusst weggelassen.)

Ist YouTube jetzt tot? Na?
Dazu folgendes aus einem sehr bekannten Frageforum:

„Also, ich habe so oft gelesen heute dass Artikel 13 heute in Kraft getreten wurde, aber der Upload Filter (z.B. auf YouTube) hab ich nicht gesehen… Also, es war alles wie es war.. die Videos sind vorhanden und auf anderen Sozialen Medien wie z.B. Instagram usw.“

Es gibt wirklich viele da draußen, die denken, YouTube würde sich total verändern, alles wird total verschwinden. Dazu kann ich sagen: Zum einen dauert es noch mindestens zwei Jahre, bis die Verordnung in nationales Recht umgesetzt wurde, erst ab dann kann man die genauen Folgen abschätzen, und auch danach wird es einige Zeit dauern, bis überhaupt irgendeine Veränderung stattfindet. Man kann das ja an der DSGVO sehen: Einige Leute beginnen erst jetzt (ein Jahr nach Inkrafttreten), sich eine Datenschutzerklärung für ihre Website zu besorgen (An dieser Stelle kann ich mal auf die Gespräche mit der Schulleituung unserer Schule bezüglich Datenschutz verweisen). Ein was ich noch nicht ganz verstanden habe ist: Wenn erst in zwei Jahren der deutsche Gesetzestext steht, muss es ja eigentlich nochmal eine Übergangsfrist geben; das ganze könnte also noch länger dauern.
Zum anderen, selbst wenn Upload-Filter in der extremsten Form kommen, werdet ihr nichts merken. Der Tag, an dem die Filter scharf gestellt werden, wird euch nicht auffallen. Es werden vielleicht hier und da ein paar Videos gelöscht werden, aber das passiert ja auch heute schon.

Ich finde, das Thema wird viel zu viel „gehyped“ (ich suchte nach einer Altsprech [2]-Übersetzung und fand „gerummelt“). Ja, es ist nicht unwichtig, aber es gibt wirklich Themen, die unser Leben mehr beeinflussen. Man kann für Klimaschutz, für Gerechtigkeit, gegen Fremdenfeindlichkeit, für Frieden und so viel demonstrieren, aber ne, die Jugendlichen regen sich übers Urheberrecht auf. Selbst wenn YouTube komplett angeschaltet wird, mein Gott…

Ich denke, was mitlerweile niemand mehr beachtet, ist, dass der Brief der YouTube-Cheffin und vor allem das erste Video von Wissenswert viel zu dem unverhältnismäßig goßen Protest beigetragen haben.
Das ist, wie gesagt, nicht das einzige netzpolitische Verbrechen der CDU. Gerade jetzt auf dem Weg ist die Idee, Uploadfilter auch noch auf extremistische Inhalte anzuwenden und das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 (siehe Darknet-Verbot), das keinesfalls mehr Sicherheit, sondern mehr Verbote und Erlaubnisse für Strafverfolgungsbehörden bringt.

Ich denke, was hier passiert ist, ist, dass viele realisiert haben, dass das eine Art Normalzustand ist. Das war schon ein Extrembeispiel, aber so ähnlich funktioniert Politik halt. Traurig, aber der Wähler will es anscheinend so. Um es mit Bismarck (Politiker vor 150 Jahren) zu sagen: „Wer weiß, wie Gesetze und Würste zustande kommen, kann nachts nicht mehr ruhig schlafen.“ (Damals gab es allerdings noch keine Demokratie, hat aber wohl nicht viel verändert 🙂

Zum einen könnte das Politikverdrossenheit hervorrufen, zum anderen aber auch der dringende Wille, etwas zu ändern. (Die Piratenpartei hatte in den letzten Wochen massive Zuläufe und ich denke, viele beginnen jetzt auch, sich mit Politik zu beschäftigen.) Man sollte die Leute aufrufen, zu wählen, denn dass das ganze besser sein kann, wenn da andere Leute sitzen, hat man ja gesehen.

Ich denke, man kann das, praktischerweise direkt vor der Europawahl, einfach mal politisch ausschöpfen. Jemand hat mal gesagt, dass diese Reform deswegen im Grunde eigentlich was Gutes ist. Im Grunde ist es doch egal, warum man keine CDU wählt, Gründe gibt es genug.

Und ja, ich will auch Werbung für bestimmte Parteien machen.

Eigenes Werk | CC0
Eigenes Werk | CC0

Wen sollmer denn dann wählen? Eigentlich alle außer CDU/CSU. Und natürlich .

Der große Vorteil bei der Europawahl ist, dass es keine 5% Prozent Hürde gib. Schon irgendwie unlogisch, dass Parteien, die es in Deutschland nicht in den Bundestag schaffen mit der gleichen Wählerschaft ins EU-Parlament kommen, aber naja. Also ich bin gegen eine Sperrklausel, wie sie für die EU angedacht wird und eigentlich auch gegen die in Deutschland.

Nu, der Vorteil davon ist halt, dass man Kleinstparteien wählen kann, unter denen man sicher eine findet, die ziemlich gut zu einem passt.

Nach Umfragen hätten Freie Wähler, Die PARTEI, Tierschutzpartei und die Piratenpartei Chancen.

Die größten Gegner der Urheberrechtsreform sind Die Piraten, das Urheberrecht ist ja quasi deren Kernthema schlechthin; und Die PARTEI (sie ist sehr gut!). Die beiden Parteien finde ich auch sonst sehr gut, aber das muss jeder selbst entscheiden. Informiert euch. Und: #gehtwählen!


Durchschnittsalter der Parteimitglieder

CDU: 60
SPD: 60
FDP: 52
LINKE: 56
Grüne:  50
AfD: keine Angaben (🤨?)

(Q: Statista)

Bundestag: 49 (Q: bundestag.de)
EU-Parlament: 55 (Q: arte)

Deutschland gesammt: 44 (Q: BiB)


Wahlergebnisse

ParteiBundestagswahl 2017 [Q]U 18 Wahl 2017 [Q]
CDU/CSU33 %28 %
SPD21 %20 %
AfD13 %7 %
FDP11 %6 %
LINKE9 %8 %
Grüne9 %17 %
Sonstige:5 %15 %
Die PARTEI1,0 %2,8 %
Tierschutzpartei0,8 %3,9 %
NPD0,4 %1,1 %
Piraten0,4 %2,7 %

Kleinparteien auf dem Vormarsch!

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